Wendtorf
In der Woche vom 21.-28.09.2024 sollte die NJORD von Wendtorf (Ostsee) nach Leer (Ostfriesland) überführt werden. Die Wetterprognosen waren nicht schlecht und der Sommerliegeplatz ist nur bis zum 30.09.2024 bezahlt. Also der Plan, am 20.09.2024 anzureisen und dann ab dem 21.09. loszufahren. Folgende Törnplanung hatten wir im Vorfeld gemacht:
- 21.09.: Schleusung in den NOK und Reise bis Gieselau Schleuse (Kilometer 40,5)
- 22.09.: Brunsbüttel raus aus dem NOK und mit ablaufendem Wasser nach Cuxhaven
- 23.09.: Cuxhaven -> Norderney (CUX mit ablaufendem Wasser und Norderney spätestens 1 Stunde vor Niedrigwasser)
- 24.09.: Hafentag auf Norderney
- 25.09.: Norderney -> Borkum
- 26.09.: Borkum -> Emden
- 27.09.: Emden -> Leer
Es war Starkwind/Sturm mit einer Troglage auf der Nordsee angekündigt. Bis dahin wollten wir bis Borkum gekommen sein. Soweit in den Süden sollte das Tiefdruckgebiet nicht kommen.
So schleusten wir zeitig in Holtenau ein. Die Gebühren hatte ich vorab online bezahlt und den entsprechenden Code ausgedruckt. So ging es denn unter Motor durch den NOK (Nord-Ostsee-Kanal) bei herrlichem Wetter – Ziel Gieselau Schleuse. Erster Wehrmutstropfen ist, dass die Logge nicht funktioniert. Den ganzem Sommer ohne Bewegung hat wohl eine Muschel eingeladen. Das können wir jetzt leider nicht ändern.
Gieselau-Schleuse
Die Einfahrt zur Gieselau-Schleuse ist ein idylischer Kanal. Es ist nicht besonders tief und wir halten uns in der Mitte. Überall versuchen Angler ihr Glück. Wir fragen höflich, ob wir das Fanggerät zerstören, denn Posen sind nicht zu sehen. Die Angler nutzen Gewichte, also alles kein Problem. Es sind erst wenige Boot vor der Schleuse. Es gibt hier keine besonderen Versorgungsmöglichkeiten. Da die Njord noch keinen Inverter hat sind wir aber dankbar, dass uns der sehr freundliche Schleusenwärter Zugang zum Strom ermöglicht.
Die Toiletten stehen uns allen zur Verfügung und sind die ganze Nacht geöffnet. Einige Nachbarn feiern, ein paar dänische Boote haben sich wieder getroffen.
Wir lernen Kenneth kennen. Eine Däne auf einer fein umgebauten Grindel erwähnt stolz, dass er keinen Strom benötige. Mit seiner Energiebilanz und Solarzellen, ist er unabhängig. Ein guter Plan. Wir treffen Kenneth auf unserer Reise immer wieder.
In der Nacht quält mich ein fürchterlicher Husten. Die Erkältung der Vorwoche ist wohl doch noch nicht ausgestanden. Um den Rest nicht zu wecken, verlasse ich die Njord und gehe spazieren. Dabei entstand das Bild.
Am nächsten Morgen überkommt uns bei der Checkliste etwas Ernüchterung. Der Tank, der bei Abfahrt mehr als 75% gefüllt war, sollte jetzt nur noch etwas mehr als 25% Inhalt aufweisen. Gemäß Beschreibung und Informationen des Voreigners, umfasst der Tank 130l Diesel und der Motor sollte bei 2000 Umdrehungen ca. 2-2,5 l verbrauchen. Da die Logge nicht funkioniert überschlagen wir das ganze Anhand des Tracks auf dem iPad. Wir kommen zu folgenden Ergebnissen:
- Der Verbrauch liegt sicherlich bei 3-4l
- Der Tank muss kleiner sein
- Wir werden Cuxhaven ohne Tanken nicht erreichen
Leider ist Rendsburg schon vorbei. In Brunsbüttel gibt es keine Bunkerstation mehr. Also bis nach Brunsbüttel, in der Marina anlegen und zu Fuß ein paar Kanister Diesel besorgen. So der Plan. Bei Hohenhörn überkommt mich ein ungutes Gefühl und während ich darüber nachdenke, ist leider der Fähranleger schon an uns vorbei. Umdrehen? Noch geht es, aber ich bin entschlossen, bei der nächsten Fähre einen Industrieanleger zu nutzen. Ein Motorboot, das wir schon in Gieselau getroffen haben, gibt uns Geleit.
Hochdonn stellt direkt nach dem Fähranleger eine gesperrte Anlegestelle zur Verfügung. Wir ignorieren die Sperrschilder und machen fest. Gute 200m weiter finden wir einen Kiosk „Kiosk bei Wolle“. Einfach großartig liebe Menschen. Wolle’s Frau bittet uns einen Moment zu warten, bis Wolle wieder da ist, der uns sicherlich hilft. Keine 20 Minuten später sitze ich mit einem 30l Kanister im Auto. Nach ca. 1 Stunde haben wir 30l mehr im Tank und können unsere Reise fortsetzen. Wenn ihr mal in der Nähe seid, kehrt mal ein und bestellt einen lieben Gruß.
Die Anfahrt zur Schleuse Brunsbüttel ist gewöhnungsbedürftig. Der Wartebereich für Sportboote ist auf der Backbordseite. Wir müssen also einmal die Seite wechseln. Von rechts möchte ein Binnenfrachter einfahren. Der wartet aber freundlich. Als die Schleusentore öffnen und die ersten Brocken auslaufen, werden wir durch ein lautes langes Schallsignal auf die Strafbank geschickt. Auch wenn die Dinge gerade erst aus der Schleuse abgelegt haben, sind die ganz schön schnell. Also schnell wieder zurück. Und die Fähren warten nicht lange. Ganz schöner Betrieb hier. Wir klemmen uns hinter eine Fähre und „huschen“ schnell rüber.
Die anderen Skipper hat das Kinoprogramm sicherlich gefreut. Man möge mir das als NOK Anfänger nachsehen.
Der Rest läuft gut. Der Plan mit Strom nach Cuxhaven zu kommen, ist nicht aufgegangen. Ich hatte es gelesen, aber man ignoriert manche Informationen ja. Der Strom läuft wirklich lange nach, und so war die Fahrt nach Cuxhaven erstmal ein ziemlicher Kampf. Die Einfahrt war entspannt und das Anlegen ebenso. Wir belohnen uns mit einer Pizza.
Der Plan für den kommenden Tag ist nicht so schwer. Wir nutzen das ablaufende Wasser und rechnen rückwärts die Strecke so, dass wir mit dem Kentern des Stroms Scharhörnriff nördlich passieren. Wir bunkern also in Cuxhaven um 0700 und wollen um 0730 raus sein. Die Bunkerstation liegt direkt auf Steuerbord nach der Hafeneinfahrt. An diesem Morgen ist der Wind mit 20kn auch schon früh wach und wir brauchen tatsächlich 3 Anläufe, um festzumachen. Alles nicht so schlimm. Es herrscht kaum Betrieb an diesem Morgen und wir bekommen das recht unaufgeregt hin.
Die Etappe nach Scharhörnriff ist wenig aufregend. Wir nutzen den Strom und Wind und können immer mal wieder 9kn über Grund machen. Wir halten uns südlich des Verkehrstrennungsgebiets und stecken den Kurs nach Norderney ab. Bis zur Ansteuerung Norderney ist der aufregendste Teil die Passage der Fahrwasser „Alter Weser“ und „Neue Weser“ mit der dazwischen gekennzeichneten Reede. Immer wieder korrigieren wir unsere Planung für Norderney. Je näher wir kommen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir das Dovetief erst 5 Stunden nach Hochwasser erreichen.
Es ist nicht unsere erste Fahrt nach Norderney. Aber wir kommen das erstemal mit einem Tiefgang von 1,95m und kurs vor Ebbe da an. Nach einer Beurteilung mit Vor- und Nachteilen sind wir uns unserer Sache aber sicher. Es darf nur nicht noch später werden, dann wird die Ansteuerung durch das Dovetief zu kniffelig. Kurze Kontrolle der Bekanntmachungen: D4 (Backbordtonne Nordergründe) ist versetzt. Gut, die ist eh nicht beleuchtet, aber dann suchen wir wenigstens nicht an der falschen Stelle.
Das Feuer der Tonne D1 bei den Nordergründen ist zu erkennen. Die Zeit passt. Es folgt uns ein Segler, den wir in Cuxhaven schon gesehen haben. Da die Logge leider immer noch nicht geht und der Plotter auch nicht aktualisiert ist, gehen wir gemeinsam gehörig Ausguck. Von D1 gehen wir auf Kurs zur Backbordtonne D6. Mit einem Handstrahler lässt sich diese gut erkennen. Wir orientieren uns an dem Feuer von D8 und nehmen dann Kurs auf D5/S8. Von dort aus ist es dann nicht mehr so schwer. Das Wasser ist tief genug. Unser Verfolger klebt achtern an unseren Lichtern.
Für die, die Norderney noch nie bei Nacht angesteuert haben, sei eindringlich vor der Fahrt durch den Schluchter gewarnt. Und auch die Hafeneinfahrt wrkt im Dunkeln optisch seltsam. Nach dem Fähranleger fährt man mit Kurs NW in den Hafen. Unser Begleiter meinte am nächsten Tag, es hätte ausgesehen, als wären wir in die Spuntwand gefahren. Ein guter Scheinwerfe hilft.
Ich werde dann doch nervös. Das Echolot warnt beständig, je näher wir zu den Stegen kommen. Wir versuchen gar nicht erst weiter zu kommen. Der erste Fingersteg gehört uns. Wir drehen schnell im tieferen Bereich und legen rückwärts an. Es reicht gerade für die Achterleine und eine Verbindung an der Mittelklampe. Schluß!
Wir sitzen im Schlick und können jetzt nur noch warten. Es ist jetzt ziemlich genau Niedrigwasser. Gut, wir verlegen Landstrom und kochen Kaffee. Nach 30 Minuten ist wieder genug Wasser unter dem Kiel und wir verholen die Njord und machen das Schiff richtig fest. Das Wetter wird sehr schön in den nächsten Tagen und wir wollen uns etwas Zeit auf Norderney gönnen.
Wir lernen unseren Verfolger kennen, es Kenneth. Er bedankt sich für das Geleit am Abend. Wir versuchen auch einen Taucher zu bekommen, der nach der Logge schaut. Der hat leider keine Zeit. Ich versuche es einmal selbst, ins Wasser zu gehen. Ich schaffe es gerade, um nach einem losen Seil am Heck zu schauen. Aber dann wird es mir einfach zu kalt. Die Nordseee ist kein Badesee. Der Rest ist Standard, wir kaufen etwas ein, bummeln herum und planen die letzten Strecken.
Am 25. September wollen wir wieder los. Da draußen tobt eine ziemliche Welle und würde uns die Ausfahrt über die Nordergründe mächtig erschweren. Wir holen uns noch in paar Wetterinfos und fragen den Hafenmeister. Kenneth möchte mit uns nach Borkum fahren. Er schlägt vor, ab 1700 das ablaufend Wasser zu nutzen. Der Wind hat dann schon länger nachgelassen und die Dünung sollte dann abgenommen haben. Ich gebe zu, dass mir der Plan nicht so passt. Ich wollte nicht mitten in der Nacht nach Borkum, wenn die Logge nicht funktioniert. Aber ich gebe auch zu, dass diese Entscheidung für den Weg aus Norderney heraus sicherlich richtig war.
Es war dann zwar trotzdem ein Kampf von Motor gegen Welle, aber es war reichlich Wasser unter dem Kiel und war der Weg zwar langwierig aber problemlos. Von der Tonne D4 Kurs NW über die Nordwestgründe und dann ab nach Borkum.
Im Gegensatz zu Kenneth müssen wir unsere Rute etwas konservativer Planen. Der Weg über das Juister Riff ist verlocknd, aber links und rechts des Fahrwassers Osterems möchte ich die Flachwasserbereich gern mal am Tag nächer kennenlernen. Wir steuern heute das zweite Mal Borkum an und das zweite Mal bei Nacht. Wir steuern also erstmal die Tonne O4 an um von dort Kurs auf Tonne 14 Westerems zu nehmen.
Hier ist dann doch ganz schön was los. Ein Containerfrachter, beleuchtet wie ein Kreuzfahrtschiff, liegt in der Ferne auf Reede. in Fischer auf Kollisionskurs, dem wir im letzten Moment noch ausweichen. Der Kurs des Fischers war uns lange Zeit nicht klar. Der Containerriese nimmt auf einmal Fahrt auf und kreuzt unseren Kurs. Aber er nimmt das Westerems Fahrwasser Richtung West.
Die Karte des Plotters ist inzwischen kaum noch zu gebrauchen. Auch hier gehen alle wieder gehörig Ausguck, denn durch die einmündenden Fahrwasser ist es manchmal schwieriger, die Peilung zu halten. Das auslaufende Disney Kreuzfahrtschiff, aus Eemshaven kommend, lenkt eben auch manchmal ab.
Wir kommen zur Fischerbalje, die Einfahrt zum Borkum Hafen. Zwischen dn befeuerten Tonnen F7 und F9 liegt das Torfeuer des Hafens. Das letzte Mal liegt 2 Jahre zurück. Mit Logge geht das ganz gut. Von F1 an sind es ca. 1,3 Seemeilen. Ohne Logge? Also wieder den Strahler raus.
F3 gesichtet, F8 an backbord, ich halte auf F7 zu. Das Torfeuer zum Hafen erscheint auf einmal erstaunlich nah. Wir können schon mal rüber – böse Fehleinschätzung. Tonne voraus. Ich nehme im Scheinwerferlicht die Tonne F10 wahr und gehe hart Backbord und gebe Gas. Wir müssen umgehend wieder steuerbord gehen. Port Henry – ein alter Hafen – ist gefährlich. Das war knapp. Ich möchte hier nicht mehr ohne Logge bei Nacht reinfahren. Das Torfeuer ist stark und man kann das schnell falsch einschätzen. Aber wir kommen gut rein, finden einen guten Platz. Gute Nacht.
Am nächsten Tag heißt es Abschied von Kenneth zu nehmen. Er war am Vortag etwas schneller und ist einen kürzeren Weg gefahren. Der Wind steht ungünstig, er will noch nach Amsterdam und bleibt vorerst in Borkum. Uns drängt die Zeit. Der Wind kommt mit 6bf aus SW. Wir wollen das auflaufende Wasser nutzen, um nach Emden zu kommen. Das dürfte ruppig werden.
Wir kämpfen uns also aus Borkum raus. Noch im Hafen drehen wir zwei Runden zum aufklarieren und merken bereits bei der Ausfahrt, was da kommt. Die gesamte Fischerbalje geht es gegen Wind und Welle. Aber die Njord nimmt es gut auf. Also ins Fahrwasser einfedelt und Richtung Dukegat. Wir nehmen nur das Vorsegel und kommen wirklich gut voran. Wir träumen schon etwas vom nächsten Tag. Wenn das so auf der letzten Strecke läuft, ist alles gut. In der Nacht ist die Prognose nicht so gut. Aber im Laufe des Freitags soll es besser werden. Wir rufen in Emden an und bekommen direkt am Vereinshaus einen Platz zugewiesen. Das läuft gut mit und wir geniessen den Weg nach Emden. Das Anlegemanöver ist prima.
Unter anderen Voraussetzungen hätten wir wahrscheinlich einen Tag gewartet. Aber so ist das bei Überführungen. Manchmal jagen einen die Termine. Wir rufen bei der Schleuse in Leer an und kündigen uns an. Wir holen uns noch ein paar Information und der Wind soll laut lokaler Progrnose eher drehen und schwächer werden. Also gut. 1400 geht es los und wir kämpfen uns aus dem Emdener Außenhafen. Kurs Leer (Ostfriesland).
Die erste Stunde ist ganz schön ruppig. Wir müssen bis zu 20° vorhalten, um am Tonnenstrich zu bleiben. An Segeln ist nicht zu denken. Der Wind ist zu stark, als dass uns die Strömung wirklich helfen würde. Wir schaffen gerade mal 3-4 kn über Grund. Das ist zu langsam. Es sind 15sm und wir müssen um 1700 an der Schleuse sein. Das Ems Sperrwerk liegt hinter uns. Alternativen, um irgendwo reinzufahren gibt es jetzt nicht.Wir sollen uns bei Kilometer 17 nochmal bei der Schleuse melden. Mit Spannung schauen wir auf jede Kilometermarke.
Wir müssen noch die Jann-Berghaus-Brücke informieren. Also Kanal 15 und funken. „Der Wind ist zu stark, wir können das große Brückteil nicht öffnen“. Oh Schande, daran hatte ich nicht gedacht. Es ist nur ein großes Brückenteil und bei Böen mit 9bf ist das ein Risiko. 5 Minuten später die freudig Nachricht, sie machen die Brücke auf.
Wir hatten uns an Kilometer 17 bei der Schleuse gemeldet. Die waren schon nicht begeistert, dass wir so spät waren. Aber man wollte uns noch reinlassen. Durch die Brücke durch war es jetzt nicht mehr weit. Die Schleuse in Sicht bekommen wir noch einen „erbosten“ Hinweis, dass wir ja nochmal hätten Bescheid geben können.
Später erfahren wir, dass die Hafenmeisterin und Ihr Mann per Telefon für uns einige liebe Worte bei der Schleuse eingelegt haben. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle.
So erreicht die Njord am 27.09.2024 um 1800 ihren neuen Heimathafen Leer. Den letzten Tag hätten wir uns gern so erpart. Aber es war auch ein guter Test. Inzwischen sind die Muscheln aus der Logge entfernt und der Propeller war auch ziemlich bewachsen.
Kenneth ist inzwischen durch die Biscaya. Wir bauen aktuell innen im Schiff etwas um. Einige Wartungen sind fällig, aber im nächsten Jahr freuen wir uns auf neue Törns.
Vielen Dank an Patrick Schulze und meine Frau Manuela. Das war eine tolle Woche.